03November
2016

Korea - Gedanken über ein Land

Öfters fragt man mich in Deutschland, warum ich immer wieder mal nach Korea fliege, was ich denn so an Korea mag. Und immer wieder fragen mich die Koreaner wiederum, warum ich denn zum wiederholten male nach Korea komme - was mich daran reizt.

Das ist schwer zu sagen. Im Laufe der Zeit hat sich bei mir ein Gefühl des Wohlfühlens eingestellt, und ich fühle mich auch hier nicht wie ein völlig Fremder, obwohl man als Ausländer die Koreaner wohl so ganz nie verstehen wird, wenn man nicht hier geboren ist. Alles andere wäre auch vermessen.

Letztlich bleibt einem auch einiges fremd, bei allem Verständnis, was aber wiederum seinen Reiz hat. Manches bleibt unverständlich, da man eben hier nicht aufgewachsen ist. Ich reise gerne hierhin, weil ich mich von Anfang an hier als Willkommen geheißen gefühlt habe. Die Leute sind ehrlich, offen und geradeheraus, herzlich und durchaus selbstkritisch. Dabei sind sie stolz auf das, was sie in wenigen Jahrzehnten geleistet haben, und das können sie auch sein. Dabei haben sie keinen überheblichen Pathos, sie wissen schon, wo der Hund begraben liegt. Erhobene Zeigefinger von außen lassen sie sich aber auch nicht zeigen, zu Recht. Sie sind freundlich und werden fast überschwenglich enthusiastisch in ihrer Freundlichkeit, wenn man versucht, auch mal nur einige Brocken jener grammatikalisch schweren Sprache zu sprechen. Das Lesen der Buchstabenschrift ist leicht, und man erntet viel anerkennende Worte, wenn bemerkt wird, dass man Hanguel lesen kann.

Wenn man hier nicht als alles besser wissender Tourist auftritt, sondern versucht, eine andere Lebensweise udn Kultur zu verstehen, und wenn man nicht wie ein Oberlehrer mit der kritisch-vergleichenden Sicht einer egozentrischen Nabelschau daher kommt, wie es manche Westler ja gerne tun, dann wird man hier sehr gern gesehen und herzlichst behandelt - die koreanische Etikette verbietet es wiederum, die anderen, eben jene "typischen Touristen", unhöflich zu behandeln. So mag es sein, dass mir im Verhalten der Koreaner das zuteil wird, was ich vielleicht mit meinem Bemühen an "Verstehen wollen" aussende.

Korea erschließt sich im Detail. Die Paläste sind schön, die Landschaft fantastisch. Die Einkaufspassagen sind riesig, die Infrastruktur modern, das Internet rasend schnell. Soweit so gut.

Aber: da ist so viel mehr!

Es sind die Details, die Kleinigkeiten, die Zufälligkeiten, die ES ausmachen. Die kleine Blume an der Tür, ein kleines Glöckchen, aufgehängt an einer Hauskante, die dann im Winde bimmelt, eine liebevoll gestaltete Dekoration, eine mit Blümchen oder lustigen Männchen bemalte Wand, damit sie nicht so grau ausschaut. Eine Blumenranke, um ein Rohr gewickelt, damit der Blick davon nicht so gestört wird. Blumenkästen an kahlen Laternenpfählen. Eine mit kleinen Vasen verschönerte Nische, wo zwei Häuser aufeinander treffen. Ein Hinweisschild, als Tourist bitte leise zu sein, da hier Leute wohnen, wird mit einem Smilie abgemildert. Sogar Verbotsschilder können auf diese weise nett werden.

Wenn man nicht auf den ausgelatschten Trampelpfagen läuft (auch mal ganz nett, aber auf Dauer langweilig) sondern in die Gassen geht, und dann in die kleineren Gassen, die davon abzweigen, da trifft man dann keine Touristen mehr. Da bellt der Hund, da hört man Kinder lachen. Aus einem Haus hört man, wie die Frau mit dem Mann schimpft - oder vielleicht unterhalten sich die beiden auch nur angeregt - ich verstehe es ja nicht. Da hockt eine alte Dame und genießt die Sonne, und lächelt, wenn man hinüber schaut. In diesen Momenten kann man Korea erleben! Und auch die gleichen Plätze, da wo man vor einem Jahr schon einmal war,  erlebt man dann immer wieder neu. Weil sich alles wandelt.

 

Einige Eindrücke - gesehen in Stadtvierteln Tongil-dong und Bukcheon:

  Erst mal eine Stärkung...

Croissant und Cappucchino - meinen Akku aufladen :-)

Bücher-Café - ein neuer Trend. Schön offline und analog!

Er hat es eilig, ist ganz modern, sehr business-like.
Doch die Wurzel seiner Kultur ist unübersehbar.

 

So kann man einen profanen Wasserzähler und eine Hausecke aufhübschen!

Waschbeton mit aufgesetzten Krabbeltierchen - ungewöhnlich.

Alte Dachziegel als Zierelement

 

 

 

Immer wieder Hanbok-Trachten...

Alte Straßen abseits der Trampelpfade

Noch ein Stückchen mehr abseits...

 

Dieser Bereich ist wiederum von Touristen überlaufen. Doch wen man Geduld hat, kann man auch hier Minuten der Stille erleben.